"Unsere Werte" Serie: Fail and Learn

Agilität

Oliver Burkhalter

10. Mai 2022

"Unsere Werte" Serie: Fail and Learn

“Nobody is perfect”

“Jeder denkt darüber nach, die Welt zu verbessern, aber keiner denkt daran, sich selbst zu ändern.”

— Leo Tolstoy

“ups ein Fehler ist passiert, was nun?”

— Nobody

Wir alle machen mal Fehler oder? Ausser man heisst “Nobody” (…is perfect 😀). Ich vermute diese Aussage können so ziemlich 99.99999% der Menschen auf dieser Erde unterschreiben oder wenigstens ein wenig nachvollziehen.

Obwohl die obige Aussage sich irgendwie wie “gesunden Menschenverstand” anfühlt, hört man von verschiedensten Angestellten, dass diese Idee von “jeder macht mal Fehler” in den Organisationen nicht wirklich gelebt wird. Eher das Gegenteil ist der Fall: mache ja keinen Fehler, wage ja nichts Neues, du könntest ja einen Fehler machen, es könnte uns was kosten, etc. (Klammerbemerkung: ist nur meine persönliche Wahrnehmung aufgrund eigener Erfahrungen und aus Gesprächen aus meinem persönlichen Umfeld…d.h. es kann sehr gut sein, dass dies nicht der vollen Realität entspricht).

Offene Fehlerkultur und lernende Organisation

“Wir akzeptieren die Tatsache, dass Lernen ein lebenslanger Prozess ist, in dem wir uns kontinuierlich mit Veränderungen auseinandersetzen. Die dringenste Aufgabe ist, den Menschen beizubringen, wie man lernt.”

— Peter Drucker

Für uns als Team haben wir gemerkt, dass wir uns eine offene Fehlerkultur wünschen, aber es nicht immer wirklich so ausleben. Deshalb haben wir uns entschieden dies als Wert für uns aufzunehmen. Zudem war es uns mit der Zeit wichtig geworden, dass wir ein Denken antrainieren, dass Neues ohne Angst angegangen werden kann, dass Fehler “normal” sind und wir daraus lernen möchten.

In kurz: wir möchten uns in Richtung “lernende Organisation” hin bewegen.

Wir haben für uns als Team “Fail and Learn” wie folgt näher beschrieben:

  • Wir sind mutig und offen Neues zu lernen.
  • Wir leben Demut: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Wir akzeptieren Fehler und lernen daraus.

Safe to fail, es braucht passende Vorbilder und Erlebnisse

“CEOs können den ganzen Tag über Kultur plaudern, aber die Angestellten wissen, wer die Trottel sind.”

— Jack Welch

Um einen Rahmen zu schaffen, wo eine offene Fehlerkultur “safe to fail” möglich ist, braucht es passende Vorbilder, Menschen, die vorausgehen und diese Kultur beginnen zu leben und so prägen.

Und hier sind in aller erster Linie Leute aus dem Management, aus der Geschäftsleitung gefragt . Die Geschäftsleitung muss hier den ersten Schritt machen, Integrität leben und diese Atmosspähre “safe to fail” aktiv ausleben. Natürlich braucht es dann für die vollständige Transformation alle Mitarbeiter, damit diese offene Fehlerkultur zum “Standard” wird in der gesamten Organisation. Aber in einer eher hierarchischen Organisation beginnt es “oben”, Mitarbeiter werden durch das Handeln der Menschen von “oben” inspiriert, erleben gute Beispiele dieser Kultur und entscheiden sich mitzugehen, es auch zu wagen und das Ganze schlussendlich mitzutragen.

Ein Beispiel aus unserem Alltag

Ich würde grob behaupten, dass wir da unterwegs sind und uns, verglichen zu vorher, verbessert haben. Ein lernreiches Erlebnis war zum Beispiel folgendes:

Für ein kleineres Projekt war der Plan eine ältere Technologie einzusetzen. Mit diesem Ansatz wurde auch grob die Schätzung gemacht und so verkauft.

Das entsprechende Dev-Team hat dann aber entschieden eine neue Technologie einzusetzen. Begründung: kleineres low-risk Projekt, ideal um Neues anzuwenden und eine stark verbesserte User Experience für die Bewirtschaftung der Inhalte für den Kunden im Vergleich zur älteren Lösung. Ein weiterer Treiber war sicher auch, dass das Dev-Team generell sich auf die Fahne geschrieben hat, diese neue Technologie einzusetzen um dort nachhaltig Knowhow aufzubauen in Zukunft.

Das Dev-Team hat für dieses Projekt mehr Zeit gebraucht und hat so auch das Budget überschossen. So kamen auch bald Kommentare seitens Projektleitungsebene/Management, dass man Projekte doch im Rahmen abschliessen sollte (Budget, Verrechenbarkeit, etc.) und das Dev-Team ja eigentlich selber Schuld ist, da sie eine andere Technologie gewählt hat.

Wir haben das dann zusammen anschauen können. Beide Seiten “Entwicklung&Innovation” und “Rentable Projekte” haben berechtigte Gründe gehabt entsprechend zu handeln und zu kommunizieren.

Anhand der Reaktion der Projektleitungsebene konnten wir sehen, dass wir noch nicht dort sind, wo wir gerne sein möchten bez. “Fail and Learn”.

Wir haben später zusammen weitergeschaut und einige Anpassungen an unserer Zusammenarbeit vorgenommen, damit wir solche Fälle besser miteinander behandeln können und es für alle transparent ist.

Einige Praktiken

In den letzten Monaten haben wir folgende Praktiken eingesetzt, die uns erlauben besser “zu failen und zu lernen” 😀.

  • Grössere Knowhow-Investitionen auf einem Projekt klar zusammen anschauen und gemeinsam die Entscheidung treffen
  • Regelmässige Retrospektiven im Dev-Team
  • Einführung Improvement-Kata und OKRs
  • Forcieren von Knowhow miteinander teilen: Dev-Meetings, Blog-Beiträge, Kurze “aha-Erlebnisse” via Chat, Kurzvideos, etc.

Diese Praktiken sind wir aktuell am Ausprobieren, kann gut sein, dass wir in ein paar Monaten sagen, “du, das bringts nicht, wir müssen was anpassen”.

Wir bleiben dran

Vieles wird noch nicht 100% so gelebt, wir fallen immer wieder in unsere alten Muster rein, aber es gibt Hoffnung.

Es ist schon Einiges gegangen. Die obigen Praktiken werden so gut wie möglich gelebt, neue Projekte konnten davon bereits profitieren.

Aber nicht alle Ergebnisse sind immer im sichtbaren Bereich, es gibt auch Einiges, dass sich verändert hat im “unsichtbaren” Bereich, z.B. reines Umdenken bei sich selbst, persönliche Klarheit bez. Prioritäten, etc.

Deshalb, es gibt Hoffnung 😀 und wir gehen gemeinsam weiter.

Mehr aus unserer Unsere Werte Serie

Dies ist der erste resp. zweite Artikel 😀 zu unserer Serie Unsere Werte.

Die weiteren Artikel aus dieser Serie findest du hier:

Pic Credit: Sam Chivers

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